«Es braucht einen langen Atem. Doch am Ende lohnt es sich immer.»

Dano Waldburger und Andreas Dobler von Timbaer mit Martin Engeler von Kickbag

«Es braucht einen langen Atem. Doch am Ende lohnt es sich immer.»

Autorin: Leona Sager | Foto: Thomas Biasotto

Versandtaschen und Skier, zwei höchst unterschiedliche Produkte. Und doch kann man bei Kickbag und Timbaer schon fast von einer Ostschweizer Liebesgeschichte sprechen. Philosophie und Unternehmenskultur beider Firmen passen perfekt zusammen. Wir haben die Jungunternehmer an einen Tisch gebracht und sprechen über die Kraft ihrer Zusammenarbeit, über Herausforderungen in einem Nischenmarkt und über Romantik in Geschäftsinnovationen.

Der Legende nach habt ihr, Andreas und Dano, den Plan von der eigenen Skimanufaktur auf dem Sessellift mit einem Handschlag besiegelt. Klingt romantisch. Ist da etwas Storytelling eingeflossen?

Andreas: Nein, nein, das ist nicht nur Storytelling. Das hat sich effektiv so abgespielt. Wir haben dazumal auf dem «Sesseli» abgemacht, dass wir uns mit dem Bau von Skiern selbstständig machen werden.

Dano: Das war an einem gemeinsamen Skitag in Arosa und obendrein auch das erste Mal, dass wir beide auf einem Timbaer-Ski unterwegs waren.

Waren die Anfänge bei Kickbag auch so romantisch?

Martin: Der einzige romantische Aspekt war wohl, dass ich das Projekt zusammen mit meiner Frau startete (lacht). Ansonsten war der Anfang ganz pragmatisch: Meine Frau führte einen Online-Stoffhandel und hatte die Idee einer wiederverwendbaren Versandtasche für ihren E-Commerce-Shop. Mit drei gemeinsamen Freunden, ebenfalls Onlineshop-Inhaber, gingen wir das Projekt an. Wir gründeten die Firma, erarbeiteten Prototypen und starteten eine Testphase.

Das Thema Nachhaltigkeit geniesst sowohl bei Kickbag als auch bei Timbaer einen hohen Stellenwert. Stand der Nachhaltigkeitsgedanke am Anfang der Innovation?

Andreas: Wir hatten nicht das Ziel, einen nachhaltigen Ski herzustellen. Vielmehr war es für uns eine logische Bedingung, dass der Ski, den wir herstellen wollten, nachhaltig produziert und möglichst langlebig sein soll. In unserer Generation ist die Nachhaltigkeit ein Faktor, der unerlässlich für ein erfolgreiches Business ist.

Martin: Bei uns war es ein wenig anders. Der Nachhaltigkeitsgedanke war der Motor für die Ausarbeitung der Idee des Kickbags. Als meine Frau mit einer Freundin zusammen das Stoffgeschäft «Stoff&so» eröffnete, fragte sie sich immer wieder, wie man Verpackungsmaterialien nachhaltiger gestalten könnte. Da kam ihr die Idee der wiederverwendbaren Versandtasche, und der Kickbag war geboren.

Kickbag und Timbaer arbeiten seit 2021 zusammen. Eine Frage brennt mir besonders auf der Zunge: Wie haben zwei so komplett unterschiedliche Unternehmen zusammengefunden?

Dano: Lustigerweise kenne ich Martin bereits seit zehn Jahren, da wir früher zusammen Handball spielten. Als wir durch den Onlinehändler «Stadtlandkind» von Kickbag erfuhren, hatte ich aber keine Ahnung, dass Martin dahintersteckte.

Andreas: Im Jahr 2022 bauten wir unseren Onlineauftritt aus und entschieden, alle Dienstleistung über unseren Onlineshop abzuwickeln. Wir hatten aber das Problem mit der Anpassung der Bindung an die Skischuhe. Wie schaffen wir es, dass nicht alle unsere Kundinnen und Kunden ins Appenzell reisen müssen, um Schuh und Skier anzupassen und die Bindungsprüfung durchzuführen? An diesem Punkt dachten wir an Kickbag und gingen mit unserem Anliegen auf Martin zu.

Martin: So war es. Und ich glaube, wir merkten schnell, dass es geschäftlich, aber auch zwischenmenschlich harmoniert.

Wie genau funktioniert die Bindungsanpassung mittels Kickbag, was versenden Kundinnen und Kunden damit?

Andreas: Die Kundinnen und Kunden bestellen in unserem Onlineshop ein Paar Ski. Damit wir die Bindung so einstellen können, wie es von der Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu) empfohlen wird, benötigen wir die Skischuhe der Käuferin oder des Käufers. Hier kommt der Kickbag ins Spiel: Wir verschicken ihn als Brief an die Kundin oder den Kunden. Diese wiederum schicken ihre im Kickbag verpackten Skischuhe zurück zu uns. Wir stellen Ski und Bindung optimal ein, danach schicken wir alles zusammen in einer speziell für diesen Zweck designten Kartonverpackung direkt zu unseren Kundinnen oder Kunden.

Was schätzt ihr an der gemeinsamen Zusammenarbeit?

Martin: Businesstechnisch ist Kickbag mit der Zusammenarbeit mit Timbaer neue Wege gegangen. Unser bisheriger Use Case war vor allem der Versand von Kleidung. Im Modell von Timbaer dient der Kickbag nicht zum Versenden, sondern quasi zum Einsammeln von Ware. Auch dafür sind Mehrwegverpackungen ideal geeignet. Der Timbaer-Case war somit ein spannender Anwendungsfall, der vom Daily Business abwich.

Dano: Wir schätzen es ungemein, dass die Zusammenarbeit so unkompliziert ist. Ich glaube, wir haben zweimal mit Martin telefoniert, dann hat er uns den passenden Kickbag zugesendet, und wir konnten loslegen.

Warum ist es in euren Augen sinnvoll, wenn Unternehmen zusammenspannen?

Dano: Dank dem Kickbag können wir neben unserem nachhaltigen Produkt auch einen ökologisch vorteilhaften Versand anbieten.

Martin: Ich denke zudem, dass man gegenseitig die Bekanntheit steigern kann. Was wiederum hilft, dass nachhaltige Unternehmen im Markt mehr und mehr Fuss fassen können.

Was sind Herausforderungen, denen ihr euch aktuell stellen müsst?

Martin: Wenn man ein Paket bekommt, überwiegt die Freude über das neue Produkt. Um den anfallenden Verpackungsmüll kümmert man sich vielleicht später. Hier liegt für uns eine Herausforderung: Wie können wir es schaffen, dass es selbstverständlich wird, Versandverpackungen nicht zu entsorgen, sondern zum Wiedergebrauch zu retournieren? Das funktioniert mit Kickbag schon sehr gut, darf aber noch viel mehr zum Mainstream werden.

Andreas: In der Skibranche gibt es viele Vorurteile. Es gab viele Marken, die ein Produkt herausgebracht haben und dann hat es doch nicht funktioniert. Unsere Herausforderung besteht darin, unsere Marke glaubhaft zu machen. Wir betreiben einen Nischenmarkt. Unsere Skier sind teurer, als wir es uns aus der Industrie gewöhnt sind. Einen solchen Kundentyp muss man zuerst finden, und dann gilt es die Geduld und Musse aufzubringen, ihn über mehrere Jahre bis hin zum Kauf zu begleiten. Das braucht einen langen Atem. Doch am Ende lohnt es sich immer.

Welche Meilensteine steuert ihr als nächstes an?

Martin: Wachsen. Wir glauben vollkommen an das Konzept und die Sinnhaftigkeit des Kickbags. Jetzt gilt es, seine Vorteile und seinen Nutzen gegen aussen zu kommunizieren. Und wir wollen uns weiterentwickeln. Der Kickbag, wie wir ihn kennen, ist ein Produkt erster Generation. Wir tüfteln an neuen Verpackungslösungen, beispielsweise für das vielfach geäusserte Bedürfnis nach einer mehrwegfähigen Verpackung für sensible oder sogar zerbrechliche Produkte. Den Kickbag so weiterzuentwickeln, dass er möglichst breit Bedürfnisse und Versandanforderungen abzudecken vermag und gleichzeitig an Bekanntheit gewinnt, das sind sicherlich die Zielvorhaben für die nächsten Jahre.

Die Ostschweizer Dano Waldburger (30) und Andreas Dobler (30) investieren in den Appenzeller Winter. Mit der 2016 gegründeten Skimarke «Timbaer» ist den beiden Schreinern ein Novum gelungen: ein sportlicher Ski, der sich ohne viel Kraftaufwand über die Piste manövrieren lässt. Für dieses Qualitätsmerkmal sorgt in erster Linie der Kern des Skis. Er besteht nicht aus einem einzigen Stück Holz, sondern aus mehreren dünnen Bambusschichten, die aufeinandergeschichtet und verleimt werden. Die hölzerne Oberfläche aus Nussbaum kann ausserdem abgeschliffen werden, wodurch die Lebensdauer des Skis verlängert wird. Neben der Arbeit in der Skimanufaktur veranstalten die Jungunternehmer verschiedene Events, so gibt es etwa eine «Timbar» auf der Ebenalp, die Appenzeller Skierlebnis- und Kulinarikpauschale sowie Führungen durch die Appenzeller Skimanufaktur.

Der St.-Galler Martin Engeler (42) war bereits als Bub im Elternhaus für das Recycling von Karton und Altpapier zuständig. Heute setzt er sich als Gründer und Geschäftsführer der Marke «Kickbag» für das Konzept der Mehrwegverpackungen im E-Commerce ein. Dafür hat er zusammen mit den Mitgründern von Kickbag eine wiederverwendbare Verpackungslösung, den «Kickbag», entwickelt. So funktioniert’s: Onlineshops versenden die Ware an Kundinnen und Kunden im Kickbag. Nach dem Erhalt der Ware kann der Kickbag als Brief in den nächsten Briefkasten eingeworfen und an den Onlineshop retourniert werden. 2022 wurde Kickbag von der Schweizerischen Post übernommen, bleibt jedoch als eigenständiges Unternehmen auf dem Markt aktiv.