LOEB ist Kult

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LOEB ist Kult Bern ohne LOEB? Unvorstellbar.

Foto — Dan Cermak
Text — Sandra Gonseth Ackermann

Nicole Loeb führt das Warenhaus bereits in fünfter Generation. Eine Geschichte zwischen Traditionen, Innovationen und E-Commerce.

«Mit unserem neuen Rooftop-Restaurant haben wir unserem Hauptgeschäft in Bern das Krönchen aufgesetzt», sagt Nicole Loeb. Die 57-jährige Unternehmerin lässt den Blick in die Ferne schweifen. Die Dachterrasse bietet einen fantastischen Ausblick auf das Bundeshaus, den Gurten, und die Heiliggeistkirche ist zum Greifen nah. «Während Corona waren wir oft hier oben und haben Pläne geschmiedet», erzählt sie. «Es war dann gar nicht so einfach, das Bauprojekt umzusetzen, denn es gab wegen des Denkmalschutzes hohe Auflagen.»

Wenn am LOEB-Egge das Telefon klingelt

LOEB ist eines der ältesten Warenhäuser der Schweiz. Das Familienunternehmen wird von Nicole Loeb bereits in fünfter Generation geführt. 2005 übernahm sie die Nachfolge von ihrem Vater François. Weitum ein Begriff ist auch der LOEB-Egge, dem wohl bekanntesten Treffpunkt in der Hauptstadt. François Loeb – Herzblut-Unternehmer, Politiker und «König der Marketingaktionen» – lancierte in den 80er-Jahren einen besonderen Coup: Er liess ein Telefon ohne Wahltasten installieren. Verspätete sich jemand, konnte man die Nummer des LOEB-Egge-Telefons anwählen. Den Hörer nahm die Person ab, die am nächsten beim Telefon stand. Diese rief den Namen der wartenden Person laut in die Menge. «Als Marketing-Gag gabs letzten Herbst ein Revival», sagt Nicole Loeb und schmunzelt. «Die Jungen, aufgewachsen mit dem Smartphone, wussten gar nicht mehr, wie man ein Schnurtelefon abnimmt.»

Kundenerlebnisse statt reine Produkte

Viele Warenhäuser verschwinden, LOEB bleibt. Was macht das Unternehmen anders? «Wir haben sicher den Vorteil, dass wir regional verankert sind. Zudem sind wir immer klein geblieben, was uns heute zugutekommt», betont Nicole Loeb. LOEB setzt konsequent auf Kundenerlebnisse statt auf reine Produkte, aber selbstverständlich müsse das Sortiment gleichwohl stimmen. «Unsere Kundinnen und Kunden sollen sich bei uns wohlfühlen.» So gibt es auf jeder Etage des sechsstöckigen Warenhauses etwas Spezielles. Eine Erlebnisbahn für die Kinder, eine Lounge mit Sport am TV, Dockingstation und Espresso, ein Nähatelier, in dem neun Nähmaschinen gratis zur Verfügung stehen, sowie ein Kochstudio. «Bei unseren zahlreichen Events gibt es auch Partys mit 600 Leuten und guter Musik», freut sich die Unternehmerin.

E-Commerce ja, aber dosiert

Der stationäre Handel steht in starker Konkurrenz zum E-Commerce. «Unsere Erfahrungen haben gezeigt, dass wir als KMU zu klein sind, um gewinnbringend E-Commerce zu betreiben», sagt Reto Maurer, E-Commerce- und Logistik-Verantwortlicher von LOEB. Zudem sei der Onlinehandel mit aktuell 2 Prozent am Gesamtumsatz für LOEB nur eine Ergänzung. Deshalb arbeitet das Detailhandelsunternehmen mit Zalando Connected Retail zusammen, verkauft ausgewählte Artikel über deren Onlineplattform und profitiert so auch von der Reichweite. «Die Anzahl Bestellungen schossen derart in die Höhe, dass wir uns ein Bestelllimit setzen mussten, um die Menge logistisch überhaupt noch bewältigen zu können.» Deshalb werden in den kleinen Logistikbereichen der drei LOEB-Warenhäuser in Bern, Biel und Thun nur noch eine limitierte Anzahl von 100, 70 sowie 20 Bestellungen pro Tag verarbeitet.

Mit Kickbag zum Erfolg

80 Prozent der insgesamt 25 000 Pakete pro Jahr werden mit dem Kickbag der Post versandt. «Wir waren sofort begeistert von der wiederverwendbaren Verpackungslösung», sagt Reto Maurer. Der Versand sei jetzt nicht nur kostengünstiger, sondern auch nachhaltiger und praktisch für die Empfängerinnen und Empfänger. Zudem können die Kickbags aus rezykliertem Kunststoff gebrandet werden. LOEB setzt auf Dunkelblau und Logo mit Herz. Es gibt noch weitere Vorteile: «Der Versandprozess ist nun wesentlich schneller: Klettverschluss öffnen, Versandtasche mit Ware füllen, Klettverschluss verschliessen und Etikette anbringen, fertig.» Zudem seien sie von einer 10-maligen Wiederverwendung ausgegangen. «Nun haben wir festgestellt, dass wir die Versandtaschen auch 50 Mal einsetzen können», so Maurer. Deshalb sei der Kickbag mit einer Retourenquote von über 90 Prozent günstiger als eine Ein- oder Zweiwegverpackung.

Der Patron geht, die Tochter übernimmt

Dass Nicole Loeb das erfolgreiche Unternehmen von ihrem Vater übernimmt, war nicht absehbar. «Bei uns war der LOEB am Küchentisch zwar omnipräsent, doch ich lernte zuerst Dekorateurin. Als dann mein Bruder absagte, blieb nur noch ich übrig», sagt sie und lächelt. «Ich habe mir das lange überlegt, weil unsere Kinder damals noch klein waren.» Nein, bereut habe sie es nicht. Obwohl der Anfang nicht leicht gewesen sei. «Mein Vater war eine Persönlichkeit und stand oft sogar selbst an der Kasse.» Um Familie und Beruf unter einen Hut zu bringen, musste sie von Anfang an delegieren. Das setze Top-Leute voraus, denen man blind vertrauen könne. Heute sind die zwei Töchter längst ausgezogen, aber dieses Partizipative und das Loslassen habe sich durch die letzten 25 Jahre durchgezogen. «Zudem wäre ich eine schlechte Kopie meines Vaters gewesen.» Welchen Rat er ihr mit auf den Weg gegeben hat? «Sag nie zu schnell nein, sondern lasse dir alles zuerst nochmals durch den Kopf gehen.»

Das Lafayette ist einmalig

«Ich werde oft gefragt, wo wir in fünf Jahren stehen», sagt Nicole Loeb. «Darauf kann ich nur sagen: Handel ist Wandel.» Neue Ideen holt sie sich auch von der Konkurrenz. Die Geschäftsleitung unternimmt zweimal pro Jahr eine Städtereise, um sich von anderen Warenhäusern inspirieren zu lassen. «Erst kürzlich waren wir in Paris, und ich muss schon sagen, das Lafayette ist halt schon einmalig», schwärmt sie. «Sogar ein Selfiesteg wurde unter der Kuppel eingebaut.» Etwas, das hier in Bern nicht in Frage kommt. «Wir suchen eine treue Kundschaft und nicht schnelle Selfiejäger.»

Vom kleinen Laden zum grossen Warenhaus

Am 9. September 1881 eröffneten Julius, Louis, David und Eduard Loeb unter dem Namen Gebrüder Loeb ein kleines Textilgeschäft an der Spitalgasse 32 in Bern. Am Eröffnungstag betrugen die Einnahmen 150 Franken. Heute ist daraus ein Unternehmen mit 267 Mitarbeitenden und einem Jahresumsatz von rund 76 Millionen Franken entstanden. Seit 2005 leitet Nicole Loeb den Familienbetrieb in fünfter Generation. Heute betreibt die LOEB AG neben dem Hauptgeschäft in Bern zwei weitere Warenhäuser in Biel und Thun. Dazu kommt ein MAGGS Concept Store, der im höheren Preissegment angesiedelt ist.

Clevere Verpackungslösung

Der Kickbag ist eine innovative Versandtasche aus Kunststoff und kann bis zu 30 Mal eingesetzt werden. Profitieren auch Sie von unseren wiederverwendbaren Verpackungen.

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