Interview mit Nicole Burth

Portrait Nicole Burth

Portrait Nicole Burth

Interview mit Nicole Burth «Als Post sehen wir es als Teil des Service public, die Digitalisierung in der Schweiz Flächendeckend voranzutreiben.»

Nicole Burth setzt sich als Leiterin des Konzernbereichs Kommunikations-Services für den sorgsamen Umgang mit digitalen Daten ein. Sie ist überzeugt, dass die Post mit einfachen und sicheren digitalen Dienstleistungen einen wesentlichen Beitrag zur Digitalisierung der Schweiz leistet – und damit das Leben der Kundinnen und Kunden erleichtert. Wir haben mit ihr über ihre Vision und ihre Ambitionen gesprochen.

E-Voting wurde im März in drei Kantonen bewilligt. Wie gross ist der Meilenstein?

Nicole Burth: Dass künftig auf Basis des E-Voting-Systems der Post digitale Abstimmungen möglich sind, ist ein Riesenmeilenstein und bedeutet: Die Schweiz macht vorwärts in der Digitalisierung. Bald können Abstimmungen in der Schweiz elektronisch durchgeführt werden – wenn auch erst im Versuchsbetrieb für einen begrenzten Teil der Stimmberechtigten in den jeweiligen Kantonen.

Was tut die Post im Bereich Digitalisierung für ihre Geschäftskunden?

Dateien in einer Cloud ablegen und teilen, digital signieren, Behörden oder einer Ärztin vertrauliche Daten übermitteln, eine Kundenanfrage per Chat – das Bedürfnis nach digitalen Dienstleistungen wächst und über 70 Prozent der Schweizer Bevölkerung erhoffen sich durch deren Nutzung eine grössere zeitliche und örtliche Flexibilität sowie eine Zeitersparnis. Wir wollen mit innovativen Lösungen und Services der Bevölkerung, den Unternehmen, dem Gesundheitswesen, den Finanzdienstleistern und den Behörden intuitive digitale Interaktionen und den einfachen, sicheren Umgang mit ihren Daten ermöglichen.

Wie sieht das konkret aus?

In der Schweiz kennen und nutzen alle den gelben Post-Briefkasten. Als Post wollen wir diesen auch in die digitale Welt befördern, als eine Art Kommunikationsplattform, die als Dreh- und Angelpunkt für digitale Interaktionen genutzt werden kann. Korrespondenz wie zum Beispiel Briefe, Verträge oder Rechnungen kann zeit- und ortsunabhängig digital eingeliefert und medienbruchfrei weiterverarbeitet werden. Denn das intelligente System der Plattform übermittelt die Korrespondenz direkt in den vom Empfänger gewünschten Kommunikationskanal wie zum Beispiel ePost-App, eBill, IncaMail, E-Mail oder SMS. Die Kommunikationsplattform garantiert aber nicht nur die Zustellung in den digitalen Briefkasten, sondern organisiert auf Wunsch auch den Druck und den physischen Versand. Geschäftskunden können nicht nur vertrauliche Dokumente, Nachrichten und Gespräche sicher übermitteln (IncaMail, Tresorit, Unblu, SpotMe*), sondern auch direkt weiterverarbeiten; also Verträge digital rechtsgültig signieren (SwissSign*), Rechnungen und Löhne direkt aus dem digitalen Briefkasten bezahlen (KLARA*) oder im Kundenmanagementsystem ablegen (Unblu, SpotMe*).

Vor welche Herausforderungen stellt die Digitalisierung die Schweizer KMU?

Ich sehe, dass viele Aufgaben – gerade im administrativen Bereich – heute immer öfter digital erledigt werden. KMU sind gezwungen, Prozesse zu digitalisieren, und das oft ohne spezielle IT-Abteilung. Dies muss neben dem Kerngeschäft geschehen und frisst Ressourcen. Dieses Problem haben wir erkannt und entwickeln davon ausgehend unsere Dienstleistungen weiter. Über 95 Prozent der 600 000 Firmen in der Schweiz sind KMU, es besteht also ein riesiges Potenzial. Die Post will in diesem Markt unbedingt vorne mit dabei sein.

Ist denn das alles Aufgabe der Post?

Nicht nur wirtschaftliche Ziele stehen hinter dieser Strategie. Wir sehen es als Teil unseres Service public, die Digitalisierung von schützenswerten Daten und Prozessen in der Schweiz flächendeckend voranzutreiben. Die Angebote sollen sicher, praktisch, einfach zugänglich und anwendbar sein. 77 Prozent der Bevölkerung vertrauen ihre Daten lieber bundesnahen Betrieben an als privaten Firmen oder einem internationalen Internetriesen. Diese Bedürfnisse nehmen wir ernst. Ein weiterer Aspekt, der mir persönlich besonders wichtig ist: Die Hälfte der Schweizer Bevölkerung verfügt nicht über erweiterte digitale Kompetenzen, ist also nicht in der Lage, eine Applikation zu bedienen. Darum ist es ein erwünschter Nebeneffekt von digitalen Bürgerservices wie E-Voting, den Menschen im Alltag die Gelegenheit zu geben, sich diese Kompetenzen anzueignen.

Wie garantiert die Post Cybersicherheit und Datenschutz?

Seit 170 Jahren ist das Briefgeheimnis Teil unserer DNA. Auch in der digitalen Welt sind uns die sensiblen Daten heilig. Ob Gesundheits-, E-Voting- oder Kundendaten, es liest niemand unerwünscht auf den sicheren Postkanälen mit. Ein grosses Team an IT-Fachleuten sorgt für die Sicherheit – auch mit innovativen Ansätzen wie zum Beispiel dem Bug-Bounty-Programm, mit dem man Schwachstellen im System durch ethische Hacker (Hacker ohne kriminelle Absichten*) aufdecken lässt. Pro Monat werden zudem rund 10 Millionen Spam-Mails abgefangen und rund 100 gezielte Hacker-Angriffe erfolgreich abgewehrt. Es fehlt uns also nicht an Expertise in Sachen Cybersicherheit.

*Anmerkung der Redaktion