Kambly geht digital

Dania und Nils Kambly in der Backstube

Dania und Nils Kambly in der Backstube

Wo Butterfly und Co zu Hause sind

Text Sandra Gonseth
Fotografie Zeljko Gataric

Tief im Emmental befindet sich das Familienunternehmen Kambly. Wie schafft der führende Schweizer Feingebäckhersteller den Spagat zwischen Tradition und Moderne? Ein Besuch in Trubschachen.

Hier wird nichts dem Zufall überlassen. Das merkt man schon bei der Schleuse, die in die Produktionshalle führt. Hinein kommt nur, wer den Schmuck ablegt, einen weissen Kittel samt Kopfhaube aufsetzt, seine Hände gründlich wäscht und desinfiziert. Laut dröhnen die Maschinen, feiner Teigduft macht sich breit. Wir sind mittendrin in der Backstube, wo das beliebte Kambly Gebäck hergestellt wird.

Rezepte wie anno dazumal

«Wenn immer möglich, arbeiten wir mit regionalen Zutaten», erklärt Dania Kambly. Sie zeigt auf einen riesigen Teigbehälter. Gerade rieselt das Mehl durch einen Trichter hinein. Das Mehl für die wohl bekannteste Kreation, das Bretzeli, bezieht Kambly bereits seit über hundert Jahren von der dorfeigenen Müllerei. «Auch die Eier kommen aus der Nähe», doppelt sie nach. «Es ist schön, auf dem Weg zur Arbeit bei ‹unseren› Hühnern vorbeizufahren.» Die 37-Jährige leitet den Familienbetrieb zusammen mit ihrem Ehemann Nils bereits in der vierten Generation. Am Grundkonzept wird nicht gerüttelt: mit Leidenschaft qualitativ hochstehendes Feingebäck produzieren. Wie das Bretzeli, mit dem Dania Kamblys Urgrossvater 1910 den Grundstein von Kambly gelegt hat. Es wird auch heute noch wie anno da-zumal nach dem Originalrezept hergestellt und besteht aus nur wenigen Zutaten. «Wir führen die Werte und die Traditionen weiter, wollen aber auch mit der Zeit gehen», unterstreicht Nils Kambly. So werden die beliebten Güetzi mit den klangvollen Namen wie Butterfly, Caprice oder Mignon ergänzt mit neuen Kreationen, die dem heutigen Zeitgeist entsprechen. Diese Gebäcksorten sind bio und vegan. «Alle sollen unsere Spezialitäten essen können», sagt die Unternehmerin. Sie selbst mag am liebsten das vegane Petit Cœur. Doch erst, wenn die Kundinnen und Kunden eine Neuheit wieder kaufen, sei das Produkt erfolgreich.

Wir führen die Werte und die Traditionen weiter, wollen aber auch mit der Zeit gehen.

Nils Kambly, CEO und Delegierter des Verwaltungsrates

Die Qualität macht den Unterschied

Das Computersystem im Kontrollraum zeigt, dass alle Komponenten im Behälter sind. Ein Bäcker mischt von Hand noch etwas Zitronenöl dazu und dockt das Ganze an eine riesige Knetmaschine an. Diese rührt die 150-Kilo-Masse zu einem luftigen Teig. «Der Produktionsablauf ist genau gleich wie beim Backen zu Hause», weiss Nils Kambly. Ausser, dass gewisse Schritte automatisiert erfolgen. Viele dieser Maschinen sind Spezialanfertigungen und exakt auf die Bedürfnisse des Emmentaler Feingebäckproduzenten zugeschnitten. Nach der Ruhephase wird der Teig maschinell ausgewallt und ausgestochen; feste Masse wird geprägt und geschnitten, weiche dressiert oder schabloniert. Bei Kambly geht nur allerbeste Qualität über den Ladentisch. Dafür sorgen einerseits die Qualitätskontrollen beim Einkauf der Zutaten, aber auch die Kontrollen während des Verarbeitungsprozesses. Eine davon erfolgt auf der Backstrasse. Dort werden die Backwaren alle 15 bis 30 Minuten auf Geschmack, Backgrad und Konsistenz überprüft und auch gleich verkostet. «Es ist besser, nur ein kleines Stück des Gebäcks zu probieren, sonst wird es zu viel des Guten», sagt Dania Kambly und schmunzelt.

Güetzi probieren nach Lust und Laune

Dania und Nils Kambly wollen Food Waste vermeiden. So werden die Teigreste der Ausstechschablonen wiederverwertet. «Wir produzieren möglichst nachhaltig, sei dies beim Rohstoffkauf, bei der Verarbeitung oder bei Verpackung und Versand», betont Dania Kambly. Gewisse Faktoren wie etwa die Aussentemperatur, die einen grossen Einfluss auf die Feuchtigkeit der Produkte hat, oder die Versorgungssicherheit mit Rohstoffen können sie nicht beeinflussen: «Davor haben wir grossen Respekt.» Was optisch den hohen Qualitätsstandards nicht entspricht, wird im angrenzenden Fabrikladen verkauft. Dort kann man sich auch gleich durch alle Gebäcksorten probieren. Die Erlebniswelt steht unter der Ägide von Jan Cermak, Leiter Direktverkauf: «Die Pandemie hat die Renovation zum 10-Jahre-Jubiläum 2020 etwas verzögert.» Heute erstrahlt das «Kambly Erlebnis» mit Fabrikladen, Confiserie, Café und interaktiven Erlebnisstationen in neuem Glanz.

Onlinetrend auch bei Kambly

Der Vertrieb der Kambly Produkte über die Fabrikläden in Trubschachen und Lyss sowie über den Handel bei Coop oder Denner ist in der Bevölkerung stark verankert. Doch der Onlinetrend macht auch vor dem Feingebäckhersteller nicht Halt. Dieses Bedürfnis hat Kambly während der Pandemie besonders gespürt. «Confiserie und Café wurden geschlossen, und im Fabrikladen herrschte tote Hose», erinnert sich Jan Cermak. «Wir mussten uns etwas einfallen lassen.» So wurde die Fabrikladenware innerhalb einer Woche im Onlineshop verfügbar gemacht, und mit der Post wurden Versandtests durchgeführt. Eine Herausforderung, weil die Fabrikware in Beutel verpackt und dadurch bruchanfälliger ist. Doch es hat sich gelohnt: Über Nacht hat sich der Umsatz im Onlineshop verzehnfacht. Deshalb war schnell klar: «Wir brauchen jemanden vom Fach, um diesen Direktverkaufskanal nachhaltig aufbauen und weiterentwickeln zu können.» Mit Marc Boixet hat Kambly einen E-Commerce-Spezialisten an Bord geholt, der die Bedürfnisse der Onlinekundinnen und -kunden bestens kennt.

Wer Erfolg haben will, muss mit der digitalen Welt Schritt halten.

Marc Boixet, E-Commerce Manager Kambly

Die Crux mit Versand und Verpackung

Für Marc Boixet haben die Kambly Produkte eine starke emotionale Bedeutung. Bereits als Kind hat er die Biskuits dank seiner Grosseltern kennengelernt. «Wer Erfolg haben will, muss mit der digitalen Welt Schritt halten», ist er überzeugt. Mit der Omnichannelstrategie könne Kambly – egal ob im Geschäft, mobil oder online – seinen Kundinnen und Kunden ein kanalübergreifendes Einkaufserlebnis bieten. «Die Post ist für uns eine Top-Partnerin», betont Jan Cermak. «Dass wir als KMU-Kunde eine dermassen hohe Aufmerksamkeit erhalten, ist nicht selbstverständlich.» Zudem werden laufend Verbesserungen angestrebt. «Als wir die Produkte erstmals über den Onlineshop verschickt hatten, trafen natürlich auch Reklamationen ein, weil ab und an ein Gebäck zu Bruch ging.» Deshalb wurden viele Testläufe gemacht und der Fragil-Kleber auf allen Paketen angebracht. Ein weiterer Vorteil sei, dass die Post auch bis ins hinterste Tal liefere.

Von A nach B kann jeder

Viele Versandkunden setzen auf die Post, weil sie eine zuverlässige, lösungsorientierte und nachhaltige Partnerin ist. Zudem erreicht die Post jeden Schweizer Haushalt an sechs Tagen pro Woche. «Wir bieten ein Gesamtpaket an, mit dem wir auch den Onlineshop unserer Kundinnen und Kunden noch erfolgreicher machen», sagt Amir Kronshagen, Kundenberater bei der Post und direkter Ansprechpartner von Kambly. Zusammen mit dem Kunden sucht die Post eine genau auf seine Bedürfnisse zugeschnittene Lösung. «Sind die APIs, also die Schnittstellen, erst einmal programmiert, sind sämtliche unserer Dienstleistungen wie Versandoptionen, Adresschecker oder Barcode kostenlos und immer auf dem neusten Stand», ergänzt David Würmli, Onboarding Manager bei der Post. Sein Fazit: «Mit einem optimierten Onlineshop und unseren kostenlosen API-Anbindungen – auch als Plug-in für die wichtigsten Services – haben unsere Kunden weniger Arbeit sowie mehr Erfolg und Sicherheit.» Gerade für starke Marken wie Kambly sei der E-Commerce eine grosse Chance, betont Philippe Mettler, Leiter Digital Commerce: «Er stärkt die Kundenbindung und ist auch als Umsatzquelle nicht zu unterschätzen.»

Ofenfrisch ausgeliefert

Egal ob im Laden verkauft oder online bestellt: Alle Produkte landen am Schluss der Verarbeitung im Backofen. Bei Kambly ist es eher eine Backstrasse, zu der man durch eine weitere Schleuse gelangt. Es herrscht eine -wohlig warme Temperatur. Ein Blick ins Ofeninnere zeigt: Die flachen Formen haben sich in wunderschöne goldgelbe Biskuits verwandelt. Einmal abgekühlt werden sie vollautomatisch und luftdicht verpackt – je nach Rezeptur und Empfindlichkeit des Gebäcks in Schalen, Folien und Schachteln oder Beutel – und im Warenausgang deponiert. «Alles wird ofenfrisch ausgeliefert», sagt Nils Kambly. Das Unternehmerehepaar, beide promovierte Physiker, ist stolz, das Erbe von Dania Kamblys Vater Oscar weiterführen zu dürfen. Und vielleicht steht ja auch schon die nächste Generation in den Startlöchern. Die Kamblys legen Wert darauf, dass ihr Nachwuchs den Umgang mit den süssen Leckereien früh lernt: «Das besonders ‹Feine› muss zelebriert werden.»