Thomas Baur am Postschalter
Interview mit Thomas Baur «Unsere Nähe zu den KMU und zur Bevölkerung ist das Fundament der Post»
Kein anderes Unternehmen hat eine so grosse Nähe zur Bevölkerung wie die Post. Das soll so bleiben. Deshalb öffnet sie ihr Netz für Partner und entwickelt ihre Filialen zu regionalen Dienstleistungszentren. Die Post will künftig noch stärker zum Bindeglied zwischen der digitalen und der physischen Schweiz werden. Yellow hat mit Thomas Baur, Leiter PostNetz und stellvertretender Konzernleiter der Post, über die Netzöffnung und die damit verbundene Nähe gesprochen.
Thomas Baur, heute können wir fast alles online erledigen: eine Reise buchen, einkaufen – und sogar die Steuererklärung ausfüllen. Die Post jedoch holt Partner aus dem Dienstleistungssektor in ihre Filialen. Das soll für mehr physische Kundennähe sorgen. Ist das nicht ein aussichtsloses Unterfangen in einer zunehmend digitalen Welt?
Thomas Baur: Das ist tatsächlich ein gewisser Anachronismus. Ich bin aber überzeugt: Je digitaler unser Alltag wird, desto wichtiger wird die persönliche Kommunikation von Mensch zu Mensch. Das ist der Grund, wieso die Post hier investiert. Als Service-public-Unternehmung ist es unsere Pflicht, Menschen, die digital nicht affin sind, eine persönliche Kontaktmöglichkeit zu bieten. Gewissermassen als Brückenbauerin zwischen digitaler und physischer Welt. Heute ist das vielleicht noch nicht so dringlich. Aber wir stehen erst am Anfang der Digitalisierung. Irgendwann kommt der Tag, an dem wir zum Beispiel Bankgeschäfte und Behördenangelegenheiten nur noch online erledigen können, ohne dass wir mit einem Menschen in Kontakt kommen.
Wie sieht die Postfiliale der Zukunft aus?
Eigentlich nicht viel anders als heute. Auch in zehn Jahren werden unsere Kundinnen und Kunden noch Briefe und Pakete in der Filiale aufgeben und Einzahlungen tätigen, einfach deutlich weniger. Dafür werden wir in unseren Filialen als Dienstleistungszentrum mit Partnern verstärkt zum Bindeglied zwischen digitaler und physischer Welt. Klar ist: Die Schweiz muss im Bereich der Digitalisierung einen grösseren Schritt machen, besonders bei den Gemeinden, Kantonen und beim Bund.
Was ist dort an digitalen Dienstleistungen möglich?
Wir brauchen einen innovativen Ansatz, der von Bund und Behörden kommt. Eigentlich wünschen wir uns einen Auftrag – ähnlich wie vor 175 Jahren –, dass wir eine Grundversorgung auch im digitalen Bereich erbringen. Will heissen: für Private, KMU, Behörden usw. Dabei will die Post für die Umsetzung der Digitalisierung ein wichtiger Partner für die Schweiz sein – und zwar immer, wenn der Staat sagt, er brauche einen Partner, der ein Netz hat, der alle Landesregionen bedient, der Leute befähigen, schulen und ihnen helfen kann. Mit anderen Worten, unsere Filialen werden zu Anlaufstellen für persönliche Beratung. Dies in beiden Welten, der digitalen und der «Mensch zu Mensch»-Welt.
Welche strategische Rolle spielt die Netzöffnung für die Post?
Sie ist matchentscheidend. Das Netz der Post ist der Garant des Service public. Unsere Mitarbeitenden im Netz sind die Vertretung der Privatkundschaft und der KMU – nicht nur der Grosskunden. Die vielen Kundinnen und Kunden sind unsere Raison d’être. Wenn wir diese Basis verlieren, stellt sich die Frage nach der Zukunft der Post. Sie wird austauschbar. Bekanntlich ist das Postgeschäft in unseren Filialen rückläufig. Wir sind also angewiesen auf neue Angebote und Dienstleistungen. Nur so bleibt unser Filialnetz relevant. Deshalb öffnen wir es für Partner und entwickeln es zu Dienstleistungszentren, wo man alles unter einem Dach bekommt: von der Versicherung über Behörden- und Gesundheitsdienstleistungen bis zu Bankenservices.
Wovon profitieren die Partner, wenn sie in den Postfilialen präsent sind?
Unsere Nähe zu den KMU und zur Bevölkerung ist das Fundament der Post. Wenn ein Unternehmen diese Nähe zur Kundschaft sucht, ist die Post die ideale Partnerin. Warum? Die Post bietet eine ganze Palette von Vorteilen. Nehmen wir einen Partner, der sein Business starten will. Er braucht ein Vertriebsnetz, Verkaufsflächen, Personal. Es ist eine teure Angelegenheit, mit einem eigenen Netz zu wachsen. Besonders für Unternehmen, die im Verkauf und bei der Beratung auf die Digitalisierung setzen, ist es schwierig, für die Kundschaft sichtbar zu bleiben. Genau für solche Unternehmen haben wir Lösungen.
Wie sehen diese Lösungen aus?
Wir bieten mit unserem dichten Netz physische Anlaufstellen, wo sich die Menschen persönlich beraten lassen können. Dabei können unsere Partner vom positiven Image der Post profitieren – und vom grossen Vertrauen, das unsere Mitarbeitenden in der Bevölkerung geniessen. Das aus gutem Grund. Da spielen langjährige Beziehungen eine grosse Rolle. Die Post ist mit ihren Privatkundinnen und -kunden sowie dem lokalen Gewerbe schon sehr lange verbunden – seit 175 Jahren, um genau zu sein. Oft auch über Generationen ist hier ein grosses Vertrauen entstanden. Das ist ein unheimlich wichtiges Asset für unsere Partner. Im Umkehrschluss heisst das eben auch, dass die Qualität unserer Partner stimmen muss. Die gemeinsamen Werte müssen übereinstimmen, denn der Name Post steht für Qualität. Ich glaube, dass dieses Vertrauens- und Qualitätsimage der Post der wichtigste und grösste Hebel für erfolgreiche Partnerschaften ist. Denn es färbt auf unsere Partner ab und lässt unser Image gewissermassen zu ihrem werden.