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Alles unter einem Dach
Die Post öffnet ihr Netz und holt Partner in ihre Filialen. Dadurch soll dereinst ein dichtes Netz von regionalen Dienstleistungszentren entstehen. Das macht wirtschaftlich Sinn und ist nachhaltig. Der Case mit der Krankenversicherung Sympany deckt auf, was hinter der neuen Strategie der Post steckt.
Im Rahmen ihrer Strategie «Post von morgen» öffnet die Post ihr Filialnetz und stellt es Partnern in den Branchen Versicherungen, Krankenversicherungen, Banken, Gesundheit und Behörden zur Verfügung. Damit entwickelt sie ihre eigenbetriebenen Filialen zu regionalen Dienstleistungszentren, wo trotz digitalem Zeitalter der direkte, physische Kundenkontakt im Vordergrund steht. Mit anderen Worten: Kundinnen und Kunden können in den Dienstleistungszentren nicht nur Rechnungen bezahlen oder Briefe und Pakete aufgeben, sondern auch weitere Geschäfte unter demselben Dach erledigen.
Die Netzöffnungsstrategie beginnt zu leben
Im Juli 2022 brachte die Post mit der Krankenversicherung Sympany ihren ersten Partnervertrag unter Dach und Fach. Bereits Anfang September zog Sympany in die Filialen der Post ein. Vorerst ist das Unternehmen an acht Standorten in der Deutsch- und Westschweiz mit eigenen Mitarbeitenden präsent. In weiteren 91 Filialen vermitteln Postmitarbeitende interessierten Kundinnen und Kunden einen Beratungstermin. Michael Willer, CEO von Sympany, ist von der Partnerschaft mit der Post und dem damit verbundenen Konzept überzeugt: «Mit unserer Präsenz in den Filialen der Post wollen wir Sympany näher zu den Kundinnen und Kunden bringen. Viele Anliegen lassen sich im direkten Austausch besser erklären als zum Beispiel am Telefon oder via E-Mail.» Ebenso würden viele Menschen den persönlichen Kontakt mit geschulten und vertrauenswürdigen Beraterinnen und Beratern schätzen – gerade, wenn es um ein Vertrauensgeschäft wie die Krankenversicherung gehe, ist Willer überzeugt. Auch Thomas Baur, Leiter PostNetz und Mitglied der Konzernleitung Post, ist überzeugt, dass im zunehmend digitalisierten Zeitalter der physische Kundenkontakt immer wichtiger wird. «Besonders bei komplexen Themen schätzen Kundinnen und Kunden die persönliche Beratung», so Baur. Das haben verschiedene Markttests gezeigt, die die Post seit 2020 mit unterschiedlichen Partnern durchgeführt hat. Der PostNetz-Chef ist deshalb überzeugt, dass die Post mit der Netzöffnung ihre grössten Stärken noch besser ausspielen kann: «Wir sind in der ganzen Schweiz präsent, unsere Mitarbeitenden in den Filialen sind nah an den Kundinnen und Kunden und geniessen ein grosses Vertrauen.»
Gleichzeitig ist man sich bei der Post bewusst, dass die Kundenansprache in den Filialen gerade im Krankenkassenbereich besonderes Fingerspitzengefühl erfordert. Denn unter den Krankenkassen besteht eine Branchenvereinbarung, die eine Kaltakquise per Telefon untersagt. Die Stiftung für Konsumentenschutz (SKS) hatte nach Bekanntwerden der Kooperation zwischen Sympany und Post ihre Bedenken geäussert, dass der Krankenversicherer diese Vereinbarung durch seine Präsenz in den Filialen umgehen könnte. Wie Sympany und Post versichern, besteht dafür kein Grund. Carlo Vegetti, Vertriebsleiter bei Sympany, sagt dazu: «Besucherinnen und Besucher der Filialen der Post werden nicht aus dem Blauen heraus auf Sympany angesprochen.» Vielmehr sollen sich die Beratenden an Menschen wenden, die etwa frisch zugezogen sind. Auch Thomas Baur weist klar darauf hin, dass die Mitarbeitenden die Kundschaft nur bei Hinweisen auf ein spezifisches Lebensereignis auf ein Partnerangebot ansprechen. «Wer ein Zalando-Päckli am Schalter abgibt, wird sicher nicht auf eine Krankenversicherung angesprochen», so Baur.
Wirtschaftliche und nachhaltige Wirkung erzeugen
Die Chemie zwischen Post und Sympany scheint zu stimmen. Ein wichtiger Punkt für beide Partner. Für Sympany spielt zudem das Know-how der Filialmitarbeitenden der Post eine grosse Rolle. Dank der bereits langjährigen Zusammenarbeit der Post mit PostFinance und SwissCaution, dem Schweizer Anbieter von Mietkautionen in der Schweiz, würden sich die Postmitarbeitenden bereits heute mit komplexen administrativen und Finanzprozessen auseinandersetzen, so Willer. Da unterscheide sich eine Krankenversicherung nicht so sehr. Es sei ihm aber wichtig, dass die beiden Firmen auch kulturell zusammenpassen, gerade in einer Phase, in der eine neue Partnerschaft beginne. Für beide Unternehmen sei auf der einen Seite die Qualität der Kundenbetreuung extrem wichtig, auf der anderen Seite das Vertrauen der Kundinnen und Kunden ins Unternehmen. Dem pflichtet Thomas Baur bei und ergänzt, Sympany habe mit über 100 Jahren Geschichte eine lange Tradition. Ähnlich wie die Post. Und auch Sympany sei wie die Post sehr kundenzentriert. «Kunden stehen bei Sympany im Zentrum, so wie bei uns. Deshalb passen wir wunderbar zusammen», so der PostNetz-Chef.
Neue Aufgaben übernehmen bedeutet für mich Kompetenzen erweitern. Somit wird unser Arbeitstag vielfältiger und abwechslungsreicher.
Sedat Dushica, Leiter Team, Filiale Winterthur 1
Es dreht sich also nicht alles nur um Profit bei den Partnerschaften, die die Post anstrebt. Es geht um mehr – nämlich auch um gegenseitiges Vertrauen – und um Nachhaltigkeit. Natürlich verfolgt die Post wirtschaftliche Ziele, denn das Postnetz ist teuer und schreibt rote Zahlen. Naheliegend also, die finanzielle Last auf zusätzliche Schultern zu verteilen. Klar ist aber auch: Sind die Partnerschaften erfolgreich, so bleibt das stationäre Netz der Post relevant für die Schweiz und leistet auch künftig einen nachhaltigen Beitrag zur Schweizer Volkswirtschaft und zum Service public. Konkret stärkt die Post durch die Zusammenarbeit mit Partnern die Regionen dank einem breiteren und umfassenden Angebot unter einem Dach.
Nicht zu vergessen der ökologische Nachhaltigkeitsaspekt. In den neuen Dienstleistungszentren können Kundinnen und Kunden künftig weit mehr als Postgeschäfte abwickeln. Sympany macht den Auftakt mit Krankenversicherungen. Bereits heute tätigen die Mitarbeitenden der Post zum Beispiel Kontoeröffnungen für PostFinance und vermitteln Mietkautionen für SwissCaution. Aktuell ist geplant, dass im «Endausbau» mehrere Partner aus verschiedenen Branchen in den eigenbetriebenen Filialen präsent sein können. Diese Partner profitieren einerseits davon, dass sie kein eigenes Filialnetz aufbauen müssen und dass ihnen bereits gut geschultes Personal zur Verfügung steht. Und andererseits natürlich von der Kundenfrequenz in den Filialen: rund 320 000 Kundenkontakte pro Tag. Die Kundinnen und Kunden wiederum können unterschiedliche Geschäfte in den neuen Dienstleistungszentren der Post erledigen und müssen dafür nicht von A nach B und dann weiter nach C fahren – womit sich nicht nur Zeit, sondern auch Fahrkilometer und damit CO2-Emissionen einsparen lassen.
Ebenfalls ein wichtiger Punkt: Die soziale Nachhaltigkeit. Entpuppen sich die Dienstleistungszentren als Erfolgsgeschichte, werden Arbeitsplätze gesichert und die Mitarbeitenden profitieren von einem Job Enrichment. Mit einer Reihe von Aus- und Weiterbildungsmodulen haben die Mitarbeitenden die Chance, sich neue Fähigkeiten und neues Wissen anzueignen, sowohl partnerspezifisch wie auch branchenspezifisch und regulatorisch.
Die Digitalisierung steht an der Spitze der weltweiten Unternehmensentwicklung. Auch die Post geht in diese Richtung. Die Kundinnen und Kunden in unserem Land wünschen sich jedoch, dass die Nähe und die öffentlichen Dienstleistungen präsent bleiben.
Angela De Caprio, Kundenberaterin/Praxisausbildnerin, Filiale Genève 1 Mont-Blanc
Lokale Identität stiften
Dass die Post mit ihrer Netzöffnungsstrategie auf dem richtigen Weg ist, untermauert auch die international renommierte Trend- und Zukunftsforscherin Oona Horx Strathern: «Es ist spannend, dass sich die Post gerade eine eigene lokale Identität aufbaut und Partner mit ihrem Angebot in ihre Filialen holt – das ist ein Mehrwert für Kundinnen und Kunden, wirkt sympathisch und zeigt, dass die Post ein Teil der Region ist.» Horx Strathern ist überzeugt, dass die Bedeutung von lockeren Verbindungen unterschätzt wird, etwa die Begegnung auf der Post, am Kiosk oder im Quartierladen. Doch diese lockeren Verbindungen seien wichtig und schaffen Identität: «Wir fühlen uns authentisch, gebunden, haben ein Netzwerk. Lokal heisst das auch: kurze Wege.» Horx-Strathern: «Das ist praktisch und nachhaltig.» Mit ihrer Aussage unterstreicht sie, was die Post in ihrer neuen Dachkampagne auf den Punkt bringt: Die Post ist da. Für eine Schweiz, die sich bewegt.
Mit der Öffnung ihres Filialnetzes stellt die Post sicher, dass weiterhin ein dichtes Netz mit relevanten Dienstleistungen für die Bevölkerung bestehen bleibt und so Arbeitsplätze sichert.